Langmut
Warten erfordert Langmut, also Durchhaltevermögen, Zuversicht, dass das ersehnte Ereignis eintritt oder eine ganz bestimmte Nachricht endlich übermittelt wird. Warten ruft Verärgerung, Unverständnis, Resignation, ja Hoffnungslosigkeit hervor, wenn nicht abzusehen ist, wann und ob dieses Warten, das uns in unserer durchorganisierten und schnelllebigen Welt fremd geworden ist, ein Ende nimmt und damit schlussendlich auch einen neuen Anfang einläutet. Warten meint auch Verzögerungen und Rückschläge, nicht von ungefähr kann das geflügelte Wort der „enttäuschten Erwartungen“ als Sinnbild für einen Kontrollverlust stehen.
Tillmann Ziola hat sich am NCT/UCC intensiv mit den Patientenvertreterinnen auseinandergesetzt, ihre eigene Krankengeschichte erfahren und sich mit der räumlichen Situation vor Ort beschäftigt.
Wartebereiche durchziehen die Gebäude, bilden Inseln der Vereinzelung oder des kollektiven Ausharrens. Das Warten bekommt für wohl jeden Menschen eine neue Bedeutung, wenn Prognosen als Zäsur für die eigene Zeitlichkeit erlebt werden.
Ziolas großformatiges Gemälde wird beherrscht von einem Dreiklang aus Grün, Weiß und moduliertem Rot. Konturierende Flächen machen den Bildinhalt einer Wartesituation sichtbar. Durch seine abstrakte Formensprache wird der Moment des Ausharrens allgemeingültig. Eine Gruppe von drei Personen ist in ihren Umrissen auszumachen, doch verzichtet der Maler auf eine Individualisierung der Dargestellten. Dadurch entsteht eine Stellvertreterfunktion jedes einzelnen Wartenden, die in ihrer jeweiligen Pose und Körperhaltung Momente der Ungeduld, Kontemplation oder Schicksalsergebenheit widerspiegeln. Für den jungen Künstler war genau dieser Aspekt zentral in seiner künstlerischen Annäherung an das Thema Krebsmedizin, wenn Unkenntnis, Erkenntnis und Abwarten als prozesshafte Erfahrung von Diagnostik und Therapie als „Zwischenmomente“ (Tillmann Ziola) ausgemacht werden.
Über die Darstellung des gemalten Warteraumes hat der Künstler ein weißes Raster gelegt, das in seiner Kontur den Umriss einer Protonenblende für die Strahlentherapie zeigt und die Situation des Im-Moment-Verharrens einfängt.
Tillmann Ziola (*1990 in Braunschweig, lebt und arbeitet in Dresden) studierte von 2014 bis 2020 an der HfBK Dresden und legte sein Diplom in Malerei bei Prof. Ralf Kerbach ab, bei dem er auch bis 2023 Meisterschüler war. 2018 gründete er mit Künstlerkolleg:innen den Verlag „Edition 502“ und ist seit 2019 Mitglied der Künstlergruppe „Fehlformat“. 2023 wurde er für den „Masterclass Preis 2023 für junge Kunst“ des Auktionshauses Ketterer nominiert.
Projektpartner:innen:
Chiara Valentini – Hochpräzise Bestrahlung
Klinik für Strahlentherapie und Radioonkologie, Uniklinikum Dresden
Neben der klassischen Strahlentherapie mit Photonen kann in Dresden seit 2014 die Protonentherapie angewandt werden. Bei der Protonentherapie geben geladene Teilchen den größten Teil ihrer Energie an der Stelle im Gewebe ab, an der sie zum Stillstand kommen. Je nach Position eines Tumors lässt sich die Teilchenenergie so wählen, dass fast nur der Tumor durch Strahlung geschädigt wird. Die hochwirksame und schonende Therapie kommt in Dresden vor allem bei Tumorerkrankungen im Kindesalter, Tumoren in der Nähe des Hirns oder Rückenmarks, der Prostata, des Kopf-Hals-Bereichs sowie Tumoren, die sich nicht anderweitig bestrahlen lassen, zum Einsatz.
Karin Arndt, Ute Stahl – Betroffene bringen Expertise ein
Patientenbeirat, NCT/UCC Dresden
Der NCT/UCC-Patientenbeirat bringt die Sichtweise von Krebspatientinnen und -patienten aktiv in die Krebsforschung ein. Denn ihre Erfahrungen und Erwartungen sind eine wichtige Voraussetzung, um Risiken, Hindernisse und Folgen bei der Umsetzung von Forschungsvorhaben angemessen einschätzen zu können. Dies erhöht die Chance, dass Forschung schlussendlich wirklich das Leben der Betroffenen verbessert. Darüber hinaus steht der Patientenbeirat Patientinnen und Patienten bei verschiedensten Fragen und Problemen als neutraler Ansprechpartner zur Seite, engagiert sich bei Veranstaltungen und hält Kontakt zu onkologischen Selbsthilfegruppen.