Dingfest machen

Hanne Lange: Unsicherheit/ Uncertainty. 2023 37-teilig; Keramik und Porzellan, MDF, Acrylglas, Lack, Stahl; 203 × 65 × 101 cm
Erkenntnisgewinn in den Wissenschaften geht unter anderem einher mit der Herstellung von belastbaren Bildern. Erkenntnisgewinn in der Kunst hingegen darf den Anspruch von Objektivität und Nachvollziehbarkeit immer außen vor lassen. Gleichermaßen begegnen sich beide Disziplinen Wissenschaft und Kunst in ihrer Suche nach neuen Darstellungsmöglichkeiten von unbekannten Sachverhalten, die auf ihre spezifische Art und Weise sichtbar machen und Unbekanntes zu Tage treten lassen.

Hanne Lange macht schwer Vorstellbares begreifbar und gibt ihm eine Gestalt. In einer langen Vitrine zeigt sie ein Konvolut von rund 40 Objekten, die in ihrer Form und Größe an in der Natur gefundene Steine erinnern. In Ton und Porzellan modelliert, sind sie nach dem Brand glasiert und glänzend, beziehungsweise unglasiert und matt.

Die kompakten Objekte werden wie archäologische Fundstücke oder vom Himmel gefallene Meteoriten in einer wissenschaftlichen Lehrsammlung ausgestellt. Mit ihnen schlägt Hanne Lange den Bogen zu neuesten Bildgebungsverfahren, die über die genaue räumliche Bestimmung eines Tumors auch dessen Therapie optimieren können. In den hochtechnologischen Computertomographie- und  Magnetresonanztomographiebildern oder in intelligenten Computersimulationen tritt der Tumor allerdings als abstrahierte Visualisierung bzw. mathematische Berechnung in Erscheinung. Eine Darstellungsform, die gerade auch für Patientinnen und Patienten schwer „greifbar“ ist.

Indem die Bildhauerin nun eine Vielzahl an Objekten aufreiht, die in ihrer Farbgebung, Oberflächenbeschaffung, Größe und Umfang eine Varianz an vorstellbaren Möglichkeitsformen anbieten, gelingt es ihr, den immer mitschwingenden Unsicherheitsfaktor unseres Vorstellungsvermögens für einen Moment auszuschalten und uns zu fokussieren. Unser Auge setzt sich fest an den sanften Rundungen der Steinkörper, streift ihre raue Oberfläche, wiegt ihr Gewicht gedanklich in Händen. Das erst fremde Ding wird uns vertraut, wird Teil unserer gegenständlichen Welt, lässt sich begreifen und damit verarbeiten.

In neun zarten Zeichnungen mit Bunt- und Bleistift auf Transparentpapier überführt Hanne Lange Aufnahmen aus der Nuklearmedizin, die für die weiteren Therapien mit farbigen Markierungen versehen sind, in eine abstrakte Bildkomposition. Auch hier ist es ihr ein Anliegen, Verstecktes sichtbar werden zu lassen und mit grafischen Mitteln eine poetische Reflexion zu erzeugen.

Hanne Lange: Wish you were an Island-2. 2023 Serie von 6 Zeichnungen; Buntstift und Bleistift auf Transparentpapier; je 10,5 × 15 cm

Hanne Lange © privat

Hanne Lange (*1983 in Sebnitz, lebt und arbeitet in Dresden)

Die Konzeptkünstlerin und Bildhauerin war Meisterschülerin bei Prof. Martin Honert an der HfBK Dresden. Sie studierte an der Dresdner Akademie bei den Professor:innen Carl Emanuel Wolff, Nicola Torke und Martin Honert. Lange erhielt 2023 ein Arbeitsstipendium der Kulturstiftung des Freistaates Sachsen, 2020 war sie mit Stipendiatin des Goethe-Institutes und der Stadt Dresden in Rotterdam.

Projektpartner:innen:

Matthias Miederer © Uniklinikum Dresden/Kirsten Lassig

Prof. Matthias Miederer – Modernste Bildgebung für die Krebstherapie
Abteilung Translationale Bildgebung in der Onkologie, NCT/UCC Dresden

Die Erforschung innovativer bildgebender Methoden soll künftig eine noch gezieltere, auf den individuellen Tumor zugeschnittene Behandlung ermöglichen. Mit modernen Verfahren wie der Positronen Emissions Tomographie (PET) lässt sich beispielsweise der Verlauf einer Krebserkrankung sehr präzise überwachen. Ein zentrales Anliegen ist es, neue Radiopharmaka über klinische Studien in die Anwendung am Patienten zu überführen. Diese mit Radionukliden (instabilen und damit radioaktiven Atomsorten) markierten Arzneimittel können Krebszellen nicht nur aufspüren, sondern auch therapierelevante biologische Funktionen im Tumorgewebe darstellen.

Bianca Güttner © Cindy Tamme

Bianca Güttner – Intelligente Hilfen für Chirurginnen und Chirurgen
Abteilung Translationale Chirurgische Onkologie, NCT/UCC Dresden

Intelligente Assistenzsysteme sollen künftig während einer minimalinvasiven Operation in Echtzeit verdeckte Strukturen wie den Tumor, Blutgefäße und Nervenbahnen oder die optimale Schnittlinie anzeigen, um Operierenden die Orientierung auf dem endoskopischen Video zu erleichtern. Neu und besonders schwierig ist die Entwicklung solcher Systeme für Operationen im Bauchraum, da Gewebe und Organe hier besonders beweglich sind und ihre Lage und Form ständig verändern. Die Forschenden arbeiten zudem an Assistenzsystemen, die vor Komplikationen warnen, die verbleibende OP-Zeit abschätzen oder mithilfe eines Roboterarms vergleichsweise einfache Handgriffe wie die Führung der OP-Kamera übernehmen. Die entwickelten Techniken können auch genutzt werden, um Medizinstudierenden beim Erlernen der nötigen Handgriffe im Trainingssimulator automatisiertes Feedback zu geben.