Metabolischer Fingerabdruck fördert Verständnis von Krebs
Metabolischer Fingerabdruck fördert Verständnis von Krebs
Neues Gerät für die Stoffwechselforschung mittels Kernspinresonanz-Analyse am NCT/UCC Dresden und an der Hochschulmedizin Dresden / Umfangreiche Analyse von Stoffwechselprodukten liefert wichtige Grundlage für Forschung im Bereich der personalisierten Medizin, vor allem bei Krebserkrankungen
Wie reagiert unser Organismus auf Krankheiten und Therapien? Die Analyse von Stoffwechselvorgängen liefert wichtige Antworten auf diese Fragen. Wissenschaftler am Nationalen Centrum für Tumorerkrankungen Dresden (NCT/UCC) und der Hochschulmedizin Dresden können für ihre Forschung ab sofort ein hochmodernes Gerät für die Kernspinresonanz-Analyse (auch NMR-Analyse – Nuclear Magnetic Resonance Spectroscopy) nutzen. Das NMR-Gerät misst die Konzentration zahlreicher Stoffwechselprodukte – beispielsweise in Blut-, Urinproben oder Zellkulturen –, indem es wie bei einer Magnetresonanztomografie das Verhalten von Wasserstoffatomen in einem starken Magnetfeld registriert. Das Gerät zur Kernspinresonanz-Analyse ist Teil der Metabolomics-Plattform des Instituts für Klinische Chemie und Laboratoriumsmedizin (IKL) der Hochschulmedizin Dresden. Dort bietet es im Zusammenspiel mit weiteren metabolomischen Analyseverfahren beste Voraussetzungen, um die Rolle des Stoffwechsels bei verschiedenen Erkrankungen – vor allem Krebserkrankungen – und Therapien weiter zu erforschen. Das Gerät sichert zudem die Qualität der Proben, die in der BioBank Dresden für klinische Forschungsprojekte eingelagert werden.
Das Nationale Centrum für Tumorerkrankungen Dresden (NCT/UCC) ist eine gemeinsame Einrichtung des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ), des Universitätsklinikums Carl Gustav Carus Dresden, der Medizinischen Fakultät Carl Gustav Carus der TU Dresden und des Helmholtz-Zentrums Dresden-Rossendorf (HZDR).
Stoffwechselprodukte, so genannte Metaboliten, sind Substanzen, die als Zwischenstufen oder als Abbauprodukte von Stoffwechselvorgängen des Organismus entstehen. Mehr als 5.000 solcher kleinen Moleküle – darunter Zucker, Aminosäuren, Fette – sind heute identifiziert. Die Messung von Metaboliten gestattet weitreichende Aufschlüsse über Reaktionen des Organismus auf Krankheiten und Therapien ebenso wie auf Ernährung und Umwelteinflüsse. Für die Untersuchung von Stoffwechselvorgängen bei Fragestellungen der Grundlagen- und klinischen Forschung, stehen Wissenschaftlern am Nationalen Centrum für Tumorerkrankungen Dresden (NCT/UCC) und der Hochschulmedizin Dresden besonders umfangreiche analytische Möglichkeiten zur Verfügung. Hierzu zählt ab sofort auch ein hochmodernes NMR-Gerät, das die Stoffwechselforschung an Patientenproben sowie an Proben aus experimentellen Modellen ermöglicht.
Mithilfe des gut 1 Million Euro teuren NMR-Geräts, das aus Mitteln des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) für den NCT-Standort Dresden finanziert wurde, lassen sich in Flüssigproben wie Urin oder Blut (Serum, Plasma) in einer zwanzigminütigen vollautomatischen Messung zahlreiche gängige Metaboliten in ihrer jeweiligen Konzentration nachweisen – bei Urinproben sind es bis zu 150 Metaboliten. Auch die Untersuchung von Gewebe, Zellkulturen und Organoiden ist möglich. Wissenschaftler erhalten so einen charakteristischen Überblick über die in einer Probe enthaltenen Stoffwechselprodukte, eine Art metabolischen Fingerabdruck. „Mithilfe dieses Fingerabdrucks und weiterer metabolomischer Analysen können Wissenschaftler künftig beispielsweise untersuchen, wie der Stoffwechsel von Krebspatienten auf eine Chemotherapie reagiert. Dieses Wissen könnte perspektivisch dazu beitragen, Nebenwirkungen zu minimieren“, erklärt Prof. Triantafyllos Chavakis, Direktor des Instituts für Klinische Chemie und Laboratoriumsmedizin (IKL) des Uniklinikums Dresden, an dem die Metabolomics-Plattform angesiedelt ist, und Co-Direktor der BioBank Dresden. Der metabolische Fingerabdruck könnte darüber hinaus dazu dienen, neue charakteristische biologische Merkmale, so genannte Biomarker, zu ermitteln, die Aufschluss über die Entstehung und den Verlauf bestimmter Krebserkrankungen und weiterer Erkrankungen liefern. Die metabolomische Analyse fungiert hier als wichtiges Werkzeug zur weiteren Erforschung der personalisierten Medizin, bei der es darum geht, Patienten in immer kleinere, individuellere Gruppen einteilen und sehr spezifisch behandeln zu können. Da NMR-Geräte unabhängig von ihrem Standort sehr zuverlässige Messresultate liefern, sind metabolische Profile von Proben weltweit vergleichbar und lassen sich standortübergreifend für Forschungsvorhaben nutzen.
NMR-Gerät sichert höchste Probenqualität für BioBank Dresden
Neben der Analyse von Proben für wissenschaftliche Fragestellungen kommt das NMR-Gerät künftig auch im Rahmen der Qualitätssicherung in der BioBank Dresden am NCT/UCC zum Einsatz – nur Proben, die den entsprechenden Qualitätskriterien genügen, sollen dann für die Arbeit der Wissenschaftler freigegeben werden. „Mithilfe der automatisierten Kernspinresonanz-Analyse lässt sich beispielsweise sehr zuverlässig feststellen, ob Proben verunreinigt sind oder die Lagerdauer bis zur Aufarbeitung zu lang war. Bis zu 90 Proben lassen sich pro Tag messen“, so Dr. Heidi Altmann, Koordinatorin des Flüssigmaterialteils der BioBank Dresden.
Umfangreiche Plattform für Stoffwechsel-Analysen
Das NMR-Gerät ist Teil der Metabolomics-Plattform, die allen Wissenschaftlern der Hochschulmedizin Dresden und am NCT/UCC im Rahmen ihrer Forschungsprojekte zur Verfügung steht. Zur Plattform zählen auch Massenspektrometer, mit deren Hilfe sich die Masse der in einer Probe enthaltenen Moleküle so genau bestimmten lässt, dass auf die Identität und Menge der Metaboliten rückgeschlossen werden kann. Mit dieser Methodik lassen sich mehrere tausend Stoffwechselprodukte in einer Probe nachweisen oder einzelne Metaboliten eines bestimmten Stoffwechselwegs ganz gezielt und in niedrigsten Konzentrationen quantifizieren. Einen Einblick in die Dynamik von Stoffwechselprozessen liefert hingegen die so genannte metabolische Flussanalyse. Bei dieser hochinnovativen Methode geben Wissenschaftler zu einer Zellkultur-Probe einen markierten Ausgangsstoff hinzu und verfolgen dessen Weg durch den Zellstoffwechsel. Auf diese Weise wird sichtbar, in welchem Tempo Stoffwechselreaktionen ablaufen, das heißt, sich ein Metabolit durch eine enzymatische Reaktion in ein anderes Stoffwechselprodukt umwandelt.
Funktion Kernspinresonanz-(NMR-)Gerät:
Die Kerne von Wasserstoffatomen haben die Eigenschaft, sich um ihre eigene Achse drehen zu können. Durch diese Kernspin genannte Drehung erzeugen sie ein eigenes schwaches Magnetfeld. Dies sowie die Tatsache, dass Wasserstoff das vorherrschende Element im menschlichen Körper ist, macht sich die NMR-Methode zu nutze. Im Inneren des NMR-Geräts befindet sich ein Magnet. Er erzeugt ein Magnetfeld, das viele Tausend Mal stärker ist als das der Erde. Dieses Magnetfeld richtet die Wasserstoffatome wie Kompassnadeln parallel zueinander aus – statt dass sie weiterhin ungeordnet in alle möglichen Richtungen zeigen. Diese Ordnung wird dann durch Radiowellen kurzzeitig absichtlich gestört. Bei der anschließenden Neuausrichtung der Atomkerne im Magnetfeld geben diese die zuvor aufgenommene Energie in Form von Radiowellen wieder ab. Diese Signale registriert das NMR-Gerät. Wie schnell die Wasserstoffatome sich neu ausrichten und wann sie welche Energie abgeben, ist bei verschiedenen Molekülen und Geweben unterschiedlich. „Anhand der Signalverläufe kann das NMR-Gerät unterschiedliche kleine Moleküle, Metaboliten, in ihrer jeweiligen Konzentration messen“, so Dr. Alexander Funk, der das NMR-Gerät wissenschaftlich betreut und vor etwa einem Jahr aus den USA (University of Texas Southwestern Medical Center) nach Dresden wechselte. Bei der Magnetresonanztomographie, die auf dem gleichen Prinzip beruht, werden die Messdaten zu Schnittbildern des menschlichen Körpers verrechnet.
Zur Mitteilung steht ein Bild in druckfähiger Auflösung zur Verfügung:
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Bildunterschrift:
Dr. Alexander Funk vom Institut für Klinische Chemie und Laboratoriumsmedizin (IKL) der Hochschulmedizin Dresden arbeitet am neuen NMR-Gerät. Es liefert Wissenschaftlern einen Überblick über die in einer Probe enthaltenen Stoffwechselprodukte.
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NCT/UCC Dresden
Dresden ist seit 2015 neben Heidelberg der zweite Standort des Nationalen Centrums für Tumor-erkrankungen (NCT). Das Dresdner Zentrum ist eine gemeinsame Einrichtung des Deutschen Krebs-forschungszentrums (DKFZ), des Universitätsklinikums Carl Gustav Carus Dresden, der Medizinischen Fakultät der Technischen Universität Dresden und des Helmholtz-Zentrums Dresden-Rossendorf (HZDR).
Das NCT hat es sich zur Aufgabe gemacht, Forschung und Krankenversorgung so eng wie möglich zu verknüpfen. Damit können Krebspatienten in Dresden und Heidelberg auf dem jeweils neuesten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse behandelt werden. Gleichzeitig erhalten die Wissenschaftler durch die Nähe von Labor und Klinik wichtige Impulse für ihre praxisnahe Forschung. Gemeinsamer Anspruch beider Standorte ist es, das NCT zu einem internationalen Spitzenzentrum der patientennahen Krebsforschung zu entwickeln. Das Dresdner Zentrum baut auf den Strukturen des Universitäts KrebsCentrums Dresden (UCC) auf, das 2003 als eines der ersten Comprehensive Cancer Center (CCC) in Deutschland gegründet wurde. Seit 2007 wurde das UCC von der Deutschen Krebshilfe e.V. (DKH) kontinuierlich als „Onkologisches Spitzenzentrum“ ausgezeichnet.
Deutsches Krebsforschungszentrum (DKFZ)
Das DKFZ ist mit mehr als 3.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die größte biomedizinische Forschungseinrichtung in Deutschland. Über 1.300 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erforschen im DKFZ, wie Krebs entsteht, erfassen Krebsrisikofaktoren und suchen nach neuen Strategien, die verhindern, dass Menschen an Krebs erkranken. Sie entwickeln neue Methoden, mit denen Tumoren präziser diagnostiziert und Krebspatienten erfolgreicher behandelt werden können.
Beim Krebsinformationsdienst (KID) des DKFZ erhalten Betroffene, interessierte Bürger und Fachkreise individuelle Antworten auf alle Fragen zum Thema Krebs.
Gemeinsam mit Partnern aus den Universitätskliniken betreibt das DKFZ das Nationale Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) an den Standorten Heidelberg und Dresden, in Heidelberg außerdem das Hopp-Kindertumorzentrum KiTZ. Im Deutschen Konsortium für Translationale Krebsforschung (DKTK), einem der sechs Deutschen Zentren für Gesundheitsforschung, unterhält das DKFZ Translationszentren an sieben universitären Partnerstandorten. Die Verbindung von exzellenter Hochschulmedizin mit der hochkarätigen Forschung eines Helmholtz-Zentrums an den NCT- und den DKTK-Standorten ist ein wichtiger Beitrag, um vielversprechende Ansätze aus der Krebsforschung in die Klinik zu übertragen und so die Chancen von Krebspatienten zu verbessern.
Das DKFZ wird zu 90 Prozent vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und zu 10 Prozent vom Land Baden-Württemberg finanziert und ist Mitglied in der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren.
Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden
Das Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden bietet medizinische Betreuung auf höchstem Versorgungsniveau. Als Krankenhaus der Maximalversorgung deckt es das gesamte Spektrum der modernen Medizin ab. Das Universitätsklinikum vereint 20 Kliniken und Polikliniken, vier Institute und zehn interdisziplinäre Zentren, die eng mit den klinischen und theoretischen Instituten der Medizinischen Fakultät zusammenarbeiten.
Mit 1.295 Betten und 160 Plätzen für die tagesklinische Behandlung von Patienten ist das Dresdner Uniklinikum das größte Krankenhaus der Stadt und zugleich das einzige Krankenhaus der Maximalversorgung in Ostsachsen. Rund 860 Ärzte decken das gesamte Spektrum der modernen Medizin ab. 1.860 Schwestern und Pfleger kümmern sich um das Wohl der Patienten. Wichtige Behandlungsschwerpunkte des Uniklinikums sind die Versorgung von Patienten, die an Krebs, an Stoffwechsel- und an neurodegenerativen Erkrankungen.
Deutschlands größter Krankenhausvergleich des Nachrichtenmagazins „Focus“ bescheinigt dem Universitätsklinikum Carl Gustav Dresden eine hervorragende Behandlungsqualität. Die Dresdner Hochschulmedizin belegt deshalb Platz zwei im deutschlandweiten Ranking.
Medizinische Fakultät Carl Gustav Carus der Technischen Universität Dresden
Die Hochschulmedizin Dresden, bestehend aus der Medizinischen Fakultät Carl Gustav Carus und dem gleichnamigen Universitätsklinikum, hat sich in der Forschung auf die Bereiche Onkologie, metabolische sowie neurologische und psychiatrische Erkrankungen spezialisiert. Bei diesen Schwerpunkten sind übergreifend die Themenkomplexe Degeneration und Regeneration, Imaging und Technologieentwicklung, Immunologie und Inflammation sowie Prävention und Versorgungsforschung von besonderem Interesse. Internationaler Austausch ist Voraussetzung für Spitzenforschung – die Hochschulmedizin Dresden lebt diesen Gedanken mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus 73 Nationen sowie zahlreichen Kooperationen mit Forschern und Teams in aller Welt.
Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf (HZDR)
Das Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf (HZDR) forscht auf den Gebieten Energie, Gesundheit und Materie. Folgende Fragestellungen stehen hierbei im Fokus:
• Wie nutzt man Energie und Ressourcen effizient, sicher und nachhaltig?
• Wie können Krebserkrankungen besser visualisiert, charakterisiert und wirksam behandelt werden?
• Wie verhalten sich Materie und Materialien unter dem Einfluss hoher Felder und in kleinsten Dimensionen?
Zur Beantwortung dieser wissenschaftlichen Fragen betreibt das HZDR große Infrastrukturen, die auch von externen Messgästen genutzt werden: Ionenstrahlzentrum, Hochfeld-Magnetlabor Dresden und ELBE-Zentrum für Hochleistungs-Strahlenquellen.
Das HZDR ist Mitglied der Helmholtz-Gemeinschaft, hat sechs Standorte (Dresden, Freiberg, Görlitz, Grenoble, Leipzig, Schenefeld bei Hamburg) und beschäftigt knapp 1.200 Mitarbeiter – davon etwa 500 Wissenschaftler inklusive 170 Doktoranden.