Dem Tumor-Code auf der Spur: Molekularmediziner Hanno Glimm wird neuer Professor am NCT Dresden
Dem Tumor-Code auf der Spur: Molekularmediziner Hanno Glimm wird neuer Professor am NCT Dresden
Hanno Glimm ist seit dem 1. März 2018 Professor für „Translationale Medizinische Onkologie“ am Nationalen Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) Dresden. Der Hämatologe und Internistische Onkologe erforscht die molekularen und zellulären Mechanismen hinter dem Wachstum und der Metastasierung von Tumoren. Durch die Analyse der genetischen Veränderungen in Tumorzellen, zum Beispiel durch Entschlüsselung der gesamten Tumor-DNA, sucht Glimm nach neuen Ansatzpunkten für eine maßgeschneiderte Therapie, wenn herkömmliche Behandlungen nicht anschlagen.
Das Nationale Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) Dresden ist eine gemeinsame Einrichtung des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ), der Medizinischen Fakultät Carl Gustav Carus der Technischen Universität Dresden, des Universitätsklinikums Carl Gustav Carus Dresden und des Helmholtz-Zentrums Dresden-Rossendorf (HZDR).
Wie kommt es, dass dieselbe Krebsbehandlung bei einem Patienten wirkt und bei einem anderen nicht? Die Krebsmedizin weiß heute: Tumore sind so vielfältig wie die Menschen selbst. Für eine personalisierte Therapie ist es daher wichtig, die individuellen Eigenschaften des Tumors und die zugrundeliegenden Mechanismen seiner Entstehung und seines Wachstums zu kennen. Der NCT-Professor Hanno Glimm (51) sucht danach im genetischen Code von Patiententumoren.
„Für viele Krebsarten gibt es bereits gut erforschte Therapieansätze mit hohen Heilungschancen“, erklärt Glimm. „Doch wenn der Tumor bereits gestreut hat und die herkömmliche Behandlung schlecht anschlägt oder generell nur wenige Therapieoptionen zur Verfügung stehen, wie zum Beispiel bei einigen besonders seltenen Tumoren, kann das Krebszellgenom Hinweise auf weitere Therapieansätze geben.“
Konkret bedeutet das für Glimm und sein Team, spezifische Genveränderungen und Zelltypen zu identifizieren, die für die Entstehung und das rasante Wachstum von Tumoren verantwortlich sind. „Krebszellen weisen im Gegensatz zu gesunden Zellen eine abnormale Aktivität und Struktur auf“, sagt Glimm. Beides wird hauptsächlich gesteuert von der menschlichen DNA, dem Träger der Erbinformation, und der RNA, dem Bauplan für wichtige Moleküle in der Zelle. „Wir wollen die krebsauslösenden Mechanismen erkennen, die wir mit Medikamenten angreifen können.“
Erweitertes Behandlungsspektrum durch NCT MASTER-Programm
Von den neuen Erkenntnissen werden die Dresdner Patienten im Rahmen des standortübergreifenden NCT MASTER (Molecularly Aided Stratification for Tumor Eradication)-Programms direkt profitieren. Es richtet sich vor allem an junge Patienten oder Patienten mit sehr seltenen Tumoren, bei denen Standardtherapien nicht mehr wirken. Die Ärzte und Wissenschaftler vergleichen in diesem Rahmen den genetischen Code von gesundem Gewebe und Tumorgewebe, um neue Therapieansätze zu entwickeln.
„Mit Professor Glimm konnten wir einen ausgewiesenen Wissenschaftler für die Hochschulmedizin Dresden gewinnen. Als Internistischer Onkologe und Hämatologe verbindet er seine Erfahrungen in der Krankenversorgung auf hervorragende Weise mit denen der Grundlagenforschung. Damit finden modernste molekulare Verfahren unmittelbar den Weg in den Alltag der Krebsmedizin. Um seinem eigenen und weiteren Forscherteams auch in Zukunft eine optimale Infrastruktur bieten zu können, entsteht bis 2020 auf unserem Hochschulmedizincampus ein Neubau für molekulare Forschungslabore. Damit baut Dresden seine Position als Top-Standort der Krebsmedizin in Deutschland und Europa weiter aus“, sagt Prof. Michael Albrecht, Medizinischer Vorstand des Universitätsklinikums Carl Gustav Carus Dresden.
Glimm leitete das innovative Projekt zur genetischen Tumoranalyse bereits am NCT Heidelberg. Nun will er das Programm in Dresden weiter ausbauen. Im Rahmen eines gemeinsamen NCT MASTER-Tumorboards, bei dem Ärzte und Wissenschaftler aus Heidelberg und Dresden sich über die Behandlung ihrer Patienten beraten, werden die Standorte eng zusammenarbeiten. Dadurch kommt den Patienten vor Ort stets die gebündelte Expertise des NCT zugute. „Hanno Glimm ist ein exzellenter Wissenschaftler und Mediziner. Durch seine langjährige Forschungstätigkeit am DKFZ und am NCT Heidelberg ist er ein namhafter Experte auf dem Gebiet der molekularen Krebstherapie“, sagt Prof. Michael Baumann, Stiftungsvorsitzender des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) in Heidelberg. „Ich bin davon überzeugt, dass sich mit der Berufung von Hanno Glimm einmalige Entwicklungsmöglichkeiten für den Standort Dresden ergeben und mannigfaltige Kooperationen zwischen Dresdener und Heidelberger Forschern entstehen werden.“
Im Labor untersuchen Glimm und sein Team die Dynamik der Zellzusammensetzung in Tumoren. So konnten neue Mechanismen identifiziert werden, die die Aktivität Tumor-treibender Zellen innerhalb von Tumoren regulieren. Diese Mechanismen will Glimm nun genauer verstehen, um sie dann zunächst im Labor gezielt mit speziell zugeschnittenen Therapieverfahren anzugreifen. Hierzu entwickelt Glimm am NCT Dresden patientennahe Modellsysteme. Dafür lässt er aus entnommenen Tumorzellen sogenannte Organoide, das heißt Mini-Tumore, im Labor wachsen. „Von den vielen Veränderungen im Genom des Tumors müssen wir die wirklich relevanten herausfiltern“, erklärt der Mediziner. An den Modellen können Glimm und sein Team direkt testen, wie bestimmte Behandlungen wirken. Dazu zählen zum Beispiel die künstliche Veränderung der DNA oder der Einsatz medikamentöser Wirkstoffe. Das kann dem aktuellen Studienteilnehmer ebenso helfen wie künftigen Patienten mit ähnlichem Befund. „Wir müssen am Modell lernen, wie wir die Therapie für zukünftige Patienten verbessern können“, sagt Glimm.
Translationale Ausbildung für den medizinischen Nachwuchs
Neben seiner eigenen Forschung wird Hanno Glimm im Rahmen seiner NCT-Professur auch Lehrangebote an der Medizinischen Fakultät Carl Gustav Carus der Technischen Universität Dresden anbieten. Dabei ist ihm besonders wichtig, dass die Erkenntnisse aus dem Labor schnell im Klinikalltag ankommen. Deshalb liegt sein Fokus auf der Ausbildung von forschenden Ärzten, sogenannten Physician Scientists. „Die wissenschaftsgetriebene Medizin braucht Experten, die beide Seiten kennen“, sagt Glimm. Neben Veranstaltungen für Medizinstudenten soll später auch ein Postgraduiertenprogramm entstehen. „Das Wissen über die erfolgreiche Verbindung von Forschung und Klinik zu vermitteln, ist eine spannende Herausforderung, auf die ich mich sehr freue“, sagt Glimm.
Hanno Glimm, Jahrgang 1967, studierte Medizin an der Universität Köln. Er forschte als Postdoktorand am Terry Fox Laboratory in Vancouver (Kanada) und leitete nach seiner klinischen Ausbildung zum Internisten mit Zusatzbezeichnung für Hämatologie und Internistische Onkologie die Sektion „Medizinische Zelltherapie und Zellforschung“ an der Universitätsklinik Freiburg. Seit 2006 entwickelt er die klinischen und laborwissenschaftlichen Aktivitäten der Personalisierten Onkologie am NCT Heidelberg. Dort wurde er 2011 außerdem zum Professor für „Translationale Hämatologie und Onkologie“ ernannt und leitete bis zu seinem Wechsel nach Dresden die Sektionen „Angewandte Stammzellbiologie“ und „Personalisierte Onkologie“. Glimms wissenschaftliche Arbeiten, speziell zu molekularen Mechanismen und Zellanomalien bei Darmkrebs, Bauchspeicheldrüsenkrebs und Leukämie, wurden in bedeutenden Fachpublikationen veröffentlicht, darunter The Journal of Experimental Medicine, Cell Stem Cell, New England Journal of Medicine, Nature Medicine und Nature Genetics.
Zur Pressemitteilung stehen zwei Bilder in druckfähiger Auflösung zur Verfügung:
Bild 1:
https://www.nct-dresden.de/fileadmin/media/nct-dresden/forschung/glimm/Glimm_Berufung.JPG
BU: Prof. Hans Müller-Steinhagen, Rektor der TU Dresden, übergibt die Berufungsurkunde an Prof. Hanno Glimm.
Bild 2:
https://www.nct-dresden.de/fileadmin/media/nct-dresden/forschung/glimm/Glimm_Portraet.JPG
BU: Der Hämatologe und Internistische Onkologe Hanno Glimm (51) ist seit dem 1. März 2018 Professor für "Translationale Medizinische Onkologie" am NCT Dresden.
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© André Wirsig/NCT Dresden
Interviewmöglichkeit
Prof. Hanno Glimm steht für Interviews zur Verfügung.
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Dr. Christine Bohnet
Kommunikation und Medien | Leiterin
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Bautzner Landstr. 400
01328 Dresden
Tel.: +49 (0)351 260-2450 | +49 160 969 288 56
Fax: +49 (0)351 260-2700
E-Mail: c.bohnet(at)hzdr.de
www.hzdr.de
Das Nationale Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) Dresden
Dresden ist seit 2015 neben Heidelberg der zweite Standort des Nationalen Centrums für Tumorerkrankungen (NCT). Das NCT Dresden ist eine gemeinsame Einrichtung des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ), des Universitätsklinikums Carl Gustav Carus Dresden, der Medizinischen Fakultät der Technischen Universität Dresden und des Helmholtz-Zentrums Dresden-Rossendorf.
Das NCT hat es sich zur Aufgabe gemacht, Forschung und Krankenversorgung so eng wie möglich zu verknüpfen. Damit können Krebspatienten in Dresden und Heidelberg auf dem jeweils neuesten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse behandelt werden. Gleichzeitig erhalten die Wissenschaftler am NCT durch die Nähe von Labor und Klinik wichtige Impulse für ihre praxisnahe Forschung. Gemeinsamer Anspruch beider Standorte ist es, das NCT zu einem internationalen Spitzenzentrum der patientennahen Krebsforschung zu entwickeln.
Die jährliche Förderung des NCT Dresden beläuft sich nach der Aufbauphase ab 2019 auf 15 Millionen Euro. Diesen Betrag bringen Bund und Freistaat Sachsen im Verhältnis 90 zu 10 Prozent auf. Für die Errichtung eines NCT-Neubaus stellt der Freistaat Sachsen zusätzlich 22 Millionen Euro bereit.
Deutsches Krebsforschungszentrum (DKFZ)
Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) ist mit mehr als 3.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die größte biomedizinische Forschungseinrichtung in Deutschland. Über 1000 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erforschen im DKFZ, wie Krebs entsteht, erfassen Krebsrisikofaktoren und suchen nach neuen Strategien, die verhindern, dass Menschen an Krebs erkranken. Sie entwickeln neue Methoden, mit denen Tumoren präziser diagnostiziert und Krebspatienten erfolgreicher behandelt werden können. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Krebsinformationsdienstes (KID) klären Betroffene, Angehörige und interessierte Bürger über die Volkskrankheit Krebs auf. Gemeinsam mit dem Universitätsklinikum Heidelberg hat das DKFZ das Nationale Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg eingerichtet, in dem vielversprechende Ansätze aus der Krebsforschung in die Klinik übertragen werden. Im Deutschen Konsortium für Translationale Krebsforschung (DKTK), einem der sechs Deutschen Zentren für Gesundheitsforschung, unterhält das DKFZ Translationszentren an sieben universitären Partnerstandorten. Die Verbindung von exzellenter Hochschulmedizin mit der hochkarätigen Forschung eines Helmholtz-Zentrums ist ein wichtiger Beitrag, um die Chancen von Krebspatienten zu verbessern. Das DKFZ wird zu 90 Prozent vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und zu 10 Prozent vom Land Baden-Württemberg finanziert und ist Mitglied in der Helmholtz-Gemeinschaft deutscher Forschungszentren.
Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden
Das Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden bietet medizinische Betreuung auf höchstem Versorgungsniveau. Als Krankenhaus der Maximalversorgung deckt es das gesamte Spektrum der modernen Medizin ab. Das Universitätsklinikum vereint 20 Kliniken und Polikliniken, vier Institute und zehn interdisziplinäre Zentren, die eng mit den klinischen und theoretischen Instituten der Medizinischen Fakultät zusammenarbeiten. Mit 1.295 Betten und 160 Plätzen für die tagesklinische Behandlung von Patienten ist das Dresdner Uniklinikum das größte Krankenhaus der Stadt und zugleich das einzige Krankenhaus der Maximalversorgung in Ostsachsen. Rund 860 Ärzte decken das gesamte Spektrum der modernen Medizin ab. 1.860 Schwestern und Pfleger kümmern sich um das Wohl der Patienten. Wichtige Behandlungsschwerpunkte des Uniklinikums sind die Versorgung von Patienten, die an Krebs, an Stoffwechsel- und an neurodegenerativen Erkrankungen. Deutschlands größter Krankenhausvergleich des Nachrichtenmagazins „Focus“ bescheinigt dem Universitätsklinikum Carl Gustav Dresden eine hervorragende Behandlungsqualität. Die Dresdner Hochschulmedizin belegt deshalb seit mehreren Jahren hintereinander Platz drei im deutschlandweiten Ranking.
Medizinische Fakultät Carl Gustav Carus der Technischen Universität Dresden
Die Hochschulmedizin Dresden, bestehend aus der Medizinischen Fakultät Carl Gustav Carus und dem gleichnamigen Universitätsklinikum, hat sich in der Forschung auf die Bereiche Onkologie, metabolische sowie neurologische und psychiatrische Erkrankungen spezialisiert. Bei diesen Schwerpunkten sind übergreifend die Themenkomplexe Degeneration und Regeneration, Imaging und Technologieentwicklung, Immunologie und Inflammation sowie Prävention und Versorgungsforschung von besonderem Interesse. Internationaler Austausch ist Voraussetzung für Spitzenforschung – die Hochschulmedizin Dresden lebt diesen Gedanken mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus 73 Nationen sowie zahlreichen Kooperationen mit Forschern und Teams in aller Welt.
Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf (HZDR)
Das Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf (HZDR) forscht auf den Gebieten Energie, Gesundheit und Materie. Folgende Fragestellungen stehen hierbei im Fokus:
• Wie nutzt man Energie und Ressourcen effizient, sicher und nachhaltig?
• Wie können Krebserkrankungen besser visualisiert, charakterisiert und wirksam behandelt werden?
• Wie verhalten sich Materie und Materialien unter dem Einfluss hoher Felder und in kleinsten Dimensionen?
Zur Beantwortung dieser wissenschaftlichen Fragen betreibt das HZDR große Infrastrukturen, die auch von externen Messgästen genutzt werden: Ionenstrahlzentrum, Hochfeld-Magnetlabor Dresden und ELBE-Zentrum für Hochleistungs-Strahlenquellen.
Das HZDR ist Mitglied der Helmholtz-Gemeinschaft, hat fünf Standorte (Dresden, Freiberg, Grenoble, Leipzig, Schenefeld bei Hamburg) und beschäftigt rund 1.100 Mitarbeiter – davon etwa 500 Wissenschaftler inklusive 150 Doktoranden.